Stand: 05.08.20223.4. Einreihung von Waren in den Zolltarif

Europäischer Zolltarif

Der Europäische Zolltarif (TARIC) ist ein systematisches Warenverzeichnis (Nomenklatur). Im TARIC können alle körperlichen Gegenstände und sonstigen Waren (z.B. Gas) eingereiht und einer Zolltarifnummer zugeordnet werden.

Die korrekte Einreihung einer Ware in den österreichischen Gebrauchszolltarif (ÖGebrZT) ermöglicht die Abfrage der anwendbaren Einfuhrzollsätze bzw. auch welche handelspolitischen Maßnahmen zur Anwendung kommen. So können u.a. folgende Informationen aus dem Zolltarif gelesen werden:

Aufbau einer Zolltarifnummer

Der TARIC basiert auf der Kombinierten Nomenklatur (KN), welche von der Europäischen Kommission einmal jährlich veröffentlicht wird und zu Beginn eines jeden Jahres in der neuen Version in Kraft tritt. Diese jährlichen Änderungen der Kombinierten Nomenklatur sind notwendig, um den immer neuen Anforderungen in Bezug auf Statistik, Handelspolitik oder auch technischen Weiterentwicklungen gerecht zu werden und diese zu berücksichtigen.
Der KN wiederum liegt das internationale Harmonisierte System (HS) zugrunde, welches weltweit von mehr als 200 Zollverwaltungen angewendet wird. Somit sind die Zolltarife in den allermeisten Ländern nach demselben System aufgebaut. Die HS umfasst die ersten sechs Stellen der Zolltarifnummer. Die KN umfasst die ersten acht Stellen der Zolltarifnummer. Die TARIC – Nummer ist die 10-stellige Zolltarifnummer.

Beispiel:
Aufbau der Zolltarifnummer
handgearbeitete Aktentasche aus Leder: Zolltarifnummer 4202 1110 10

42  Kapitel HS (Lederwaren, Reiseartikel, Koffer, Handtaschen, Brieftaschen ...)
4202  Position HS (Reisekoffer, Handtaschen, Etuis ...)
4202 11 Unterposition HS (-- mit Außenseite aus Leder)
4202 1110 Unterposition KN (--- Aktenkoffer, Aktentasche)
4202 1110 10 Unterposition TARIC (---- handgearbeitet)

Bei der Wareneinfuhr in die EU ist in der Einfuhrzollanmeldung die 10-stellige Nummer anzugeben.

Einreihung in den Zolltarif

Die Einreihung der Ware in den Zolltarif (auch Tarifierung genannt) erfordert Kenntnisse über den Aufbau des Zolltarifs und der anzuwendenden Einreihungsvorschriften. Darüber hinaus sind die Anmerkungen die am Anfang eines jeden Kapitels oder Abschnittes veröffentlicht sind zu beachten bzw. auch für die richtige Tarifierung notwendig und hilfreich.

Der TARIC umfasst 21 Abschnitte, welche in 96 Kapitel (Kapitel 01-97; Kapitel 77 ist derzeit leer) untergliedert sind. Der Aufbau des Zolltarifs folgt grob dem Prinzip des Produktionsablaufes. Dies bedeutet, je tiefer oder weiter eine Ware be- und verarbeitet wurde, desto weiter hinten ist sie im Zolltarif zugeordnet. Das gilt sowohl für den gesamten Tarif als auch für das jeweilige Kapitel. So ist z.B. ein lebendes Tier vom Kapitel 01 erfasst, Fleisch im Kapitel 02 und die daraus hergestelle Wurstspezialität im Kapitel 16. Ein lebender Baum: Kapitel 06 → Holzbrett Kapitel 44 und die daraus hergestellten Möbel → Kapitel 94.´Aber auch im Kapitel selbst folgt der Aufbau dem Produktionsablauf. Beispiel Kapitel 44 (Holz und Holzwaren). 4403 Rohholz → 4407 Holzbretter → 4421 Kleiderbügel aus Holz

Die Grundsätze für die Einreihung von Waren in den Zolltarif werden in den Allgemeinen Vorschriften (AV) zur Auslegung der Kombinierten Nomenklatur festgelegt. Die AV sollen vor allem Konkurrenzprobleme zwischen zwei oder mehreren in Betracht kommenden Zolltarifnummern lösen. Die AV bestehen aus 6 Vorschriften:

Die Allgemeinen Vorschriften sind in der Grundverordnung der Kombinierten Nomenklatur (EWG) Nr. 2658/87 angeführt:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:L:1987:256:FULL&from=EN

Sehr wichtig für die Einreihung ist es auch, die Anmerkungen zu den einzelnen Kapiteln oder Abschnitten zu beachten. Es gibt drei Arten von Anmerkungen

Die erste Gruppe klärt durch Zuweisung oder Ausweisung, welche Waren im jeweiligen Kapitel einzureihen sind. Zum Beispiel weist die Anmerkung 1 zu Kapitel 1 (lebende Tiere) darauf hin, dass ein Elefant nicht vom Kapitel 01 erfasst ist, wenn dieser Elefant für einen Wanderzirkus bestimmt ist (Einreihung in die Position 9508 - Wanderzirkusse und Wandertierschauen). Hingegen verbleibt derselbe Elefant im Kapitel 01, wenn er für einen Zoo bestimmt wäre.

Die zweite Gruppe (begriffsbestimmende Anmerkungen) klärt zum Beispiel durch taxatives Aufzählen, welche Waren unter einem im Tarif genannten Begriff subsumiert werden. Zum Beispiel listen die Zusätzliche Anmerkung zu Kapitel 44 alle Holzarten auf, welche als tropisches Holz im Sinne der Unterpositionen anzusehen sind.

Die dritte Gruppe (Einreihungshinweise) umfasst eine Vielzahl von Hinweisen, welche das korrekte Tarifieren ermöglichen soll (z.B. wie eine Ware einzureihen ist, wenn diese über mehrere Verwendungsmöglichkeiten verfügt). So klärt die Anmerkung 4 zu Abschnitt XVII, dass Amphibienfahrzeuge als Landfahrzeuge des Kapitels 87 einzureihen sind.

Hilfsmittel für die Einreihung in den Zolltarif

Eine Einreihung und Zuordnung der Ware in den Zolltarif ist grundsätzlich auch im elektronischen TARIC möglich (http://ec.europa.eu/taxation_customs/dds2/taric/taric_consultation.jsp?Lang=de&Expand=true&SimDate=20170112). Durch Anklicken von „TARIC-Code“ und „Blättern“ werden die 21 Abschnitte geöffnet, hinter denen sich die 97 Kapitel verbergen. Die Einreihung nach den vorgeschlagenen Auswahlmöglichkeiten ist so lange vorzunehmen, bis die 10-stellige TARIC-Nummer definiert wird. Im elektronischen Tarif sind jedoch keine Kapitelanmerkungen veröffentlicht bzw. auch nicht die Allgemeinen Vorschriften (AV).

Eine weitere Möglichkeit Waren im Zolltarif zuzuordnen, ist die einmal im Jahr veröffentlichte Kombinierte Nomenklatur (KN), welche die ersten 8 Stellen der Zolltarifnummer bildet. In der Kombinierten Nomenklatur sind am Beginn eines jeden Kapitels, auch die Anmerkungen zu diesem Kapitel veröffentlicht bzw. auch die Allgemeinen Vorschriften (AV) enthalten. Die Anmerkungen sind für eine korrekte Einreihung oftmals hilfreich bzw. sogar notwendig. Die Kombinierte Nomenklatur wird in den Amtsblättern der Europäischen Kommission veröffentlicht.

Sehr hilfreich bei der Einreihung von Waren in den Zolltarif sind auch die veröffentlichten verbindlichen Zolltarifauskünfte (VZTA oder Englisch kurz EBTI - European Binding Tariffs Information).

Unter https://ec.europa.eu/taxation_customs/dds2/ebti/ebti_consultation.jsp?Lang=de werden alle Bescheide jener Waren veröffentlicht, für welche in der Vergangenheit eine verbindliche Einreihung in den Zolltarif beantragt wurde. Mithilfe von Schlagwörtern des allgemeinen Sprachgebrauchs und generellen Warenbeschreibungen kann hier geprüft werden, ob eine Ware schon einmal von den Experten im Zolltarif zugeordnet bzw. welcher Zolltarifnummer diese Ware schlussendlich zugeteilt wurde.

Ein weiteres Hilfsmittel für die Einreihung von Waren in den Zolltarif sind die Erläuterungen zur Kombinierten Nomenklatur, welche zuletzt im Amtsblatt der Reihe C unter der Nummer 76/2015 veröffentlicht wurden.

Problem Falschtarifierung

Insbesondere beim Import würde die falsche Einreihung der Waren in den Zolltarif abgabenrechtliche Konsequenzen zur Folge haben. In einer Entscheidung des österr. Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) vom Februar 2004, wurde ausdrücklich festgehalten, dass eine falsche Tarifierung zu einer Zollschuldentstehung, wegen „Entziehens aus der zollamtlichen Überwachung“, führt.
Wenn z.B. Kochlöffel aus Stahl mit Holzgriff importiert werden (ZTNr. 8215) aber in der Einfuhrzollanmeldung Holzwaren zur Verwendung bei Tisch (ZTNr. 4419) deklariert werden, dann geht die abgegebene Zollanmeldung für Kochlöffel aus Holz ins Leere und die tatsächlich eingeführten Stahlkochlöffel werden trotz Überlassung nach der Einfuhrverzollung der zollamtlichen Überwachung entzogen. Die Folge ist, dass bei einer nachträglichen Feststellung der Falschtarifierung, die Einfuhrabgaben für die Stahlkochlöffel nochmals entstehen und vorgeschrieben werden. Die Verjährungsfrist für Ansprüche durch die Zollbehörde beträgt üblicherweise 3 Jahre (in Betrugsfällen 10 Jahre).

Verbindliche Zolltarifauskunft

Um der Wirtschaft eine Kalkulationssicherheit bei den Einfuhrzöllen zu bieten, aber auch um evtl. Beschränkungen bei der Ein-und Ausfuhr von Waren zu prüfen, gibt es die Möglichkeit einer verbindlichen Zolltarifauskunft (VZTA). Der Vorteil einer verbindlichen Zolltarifauskunft ist, dass der Importeur eine rechtsverbindliche Auskunft über die Einreihung der Ware in den Zolltarif bekommt und deshalb die anfallenden Einfuhrabgaben genau berechnen kann.

Seit 2019 ist ein VZTA Antrag nur noch in digitaler Form im EU-Trader Portal via Unternehmensserviceportal zu stellen. Zur Feststellung der stofflichen Beschaffenheit oder Zusammenstellung der Ware bzw. deren Funktionsmöglichkeiten ist - falls möglich und zumutbar - ein Muster beizugeben. Bei Maschinen und größeren Anlagen können auch entsprechende technische Unterlagen eingereicht werden.
Infos zum Verfahren und der Antragstellung sind auf der Homepage des Finanzministeriums veröffentlicht: https://www.bmf.gv.at/themen/zoll/fuer-unternehmen/verbindliche-zolltarifauskunft.html

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