Stand: 04.08.20223.3. Gerichtsstands- und Schiedsgerichtsvereinbarung

Der grenzüberschreitende Geschäftsverkehr kann es mit sich bringen, dass das exportierende Unternehmen, etwa um seinen Kaufpreisanspruch durchzusetzen, die Hilfe ausländischer Gerichte in Anspruch nehmen muss. Unter Umständen wird der Exporteur aber auch in ein ausländisches Verfahren hineingezogen, etwa wenn der Importeur/Käufer Schadenersatz- oder Gewährleistungsansprüche geltend macht. Die Prozessführung vor einem ausländischen Gericht bringt eine Reihe von Nachteilen mit sich, die auch im Falle des Obsiegens gerade bei Klein- und Mittelbetrieben negative finanzielle Folgen haben können. Die Nachteile bestehen insbesondere auf Grund folgender Umstände:

Die mögliche Gerichtspflichtigkeit im Ausland kann am effektivsten durch eine Gerichtsstandsvereinbarung vermieden werden. Diese stellt einerseits sicher, dass das exportierende Unternehmen eine Klage auf Zahlung des Kaufpreises in Österreich einbringen kann und soll es andererseits davor bewahren, im Ausland geklagt zu werden. Der Importeur ist daher (bei wirksamer Vereinbarung der Zuständigkeit eines Gerichtes am Sitz des Exporteurs) zur Durchsetzung seiner Ansprüche gezwungen, eine allfällige Schadenersatz- oder Gewährleistungsklage am Sitz des Exporteurs einzubringen.

Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung ist deren schriftliche Vereinbarung. Da eine Gerichtsstandsvereinbarung im „Ernstfall“ von entscheidender Bedeutung sein kann, sollte hier sorgfältig vorgegangen und erforderlichenfalls die Hilfe eines Rechtsanwaltes in Anspruch genommen werden.

Haben Verkäufer und Käufer keine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen oder ist die getroffene Vereinbarung unwirksam, kann die beklagte Partei (je nach Anspruch kann das der Käufer oder Verkäufer sein) grundsätzlich immer an ihrem jeweiligen Sitz geklagt werden. Daneben besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, die Klage am Erfüllungsort des Vertrages (bei der Lieferung von Waren ist der Ort der vereinbarten Übergabe regelmäßig der Erfüllungsort) einzubringen. Ohne Gerichtstandsvereinbarung muss der österreichische Exporteur in der Regel die Zahlungsklage am Sitz des Kunden im Ausland einbringen.

Die Frage der Zuständigkeit eines Gerichtes ist von der Frage der Vollstreckbarkeit einer gerichtlichen Entscheidung zu trennen: Eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines österreichischen Gerichtes ist nämlich nur sinnvoll, wenn das österreichische Urteil im Land des Käufers oder dort, wo dieser über Vermögen verfügt, vollstreckt werden kann. Andernfalls ist das Urteil nur sein Papier wert. Innerhalb der EU sowie der Schweiz, Norwegen und Island stellt sich das Problem der Vollstreckbarkeit grundsätzlich nicht: Hier besteht nämlich das Prinzip des freien Verkehrs der Urteile, sodass ein österreichisches Urteil in diesen Ländern problemlos vollstreckt werden kann. Außerhalb dieser Staaten muss die Vollstreckbarkeit immer im Einzelfall geprüft werden. Ist die Vollstreckbarkeit nicht sichergestellt, muss auf die Schiedsgerichtsbarkeit ausgewichen earden.

Aus Sicht des Exporteurs sollte deshalb die Gerichtsstandsvereinbarung möglichst offen formuliert werden:

„Die Parteien vereinbaren die Zuständigkeit der Gerichte in [Sitz des Exporteurs]. Der
Exporteur ist jedoch berechtigt, jedes andere zuständige Gericht anzurufen.“

„The parties agree on the jurisdiction of the courts of [..]. [Exporteur] is entitled to invoke the jurisdiction of any other court.”

Seit je her hat das Schiedsgerichtswesen im Export erhöhte Bedeutung. In einer Schiedsvereinbarung können die Parteien vereinbaren, dass statt der ordentlichen Gerichte ein Schiedsgericht entscheiden soll. Hierbei können die Parteien aus verschiedenen Schiedsinstitutionen auswählen, wobei die folgenden Institutionen die größte Bedeutung in der Praxis haben:

Folgende Gründe sprechen für die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes:

Diesen Vorteilen der Schiedsgerichtsbarkeit stehen als größter Nachteil die hohen Kosten gegenüber: Schiedsverfahren sind in der Regel wesentlich teurer als Verfahren vor ordentlichen (= staatlichen) Gerichten, da die Schiedsrichter grundsätzlich nach dem Aufwand der erbrachten Stunden zu entlohnen sind und hierfür Ihre Stundensätze zu Grunde legen. Im Übrigen entscheiden Schiedsgerichte für gewöhnlich nur in einer Instanz, sodass es für die unterliegende Partei keine Berufungsmöglichkeit gibt. Im Allgemeinen ist daher die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes – die immer schriftlich zu erfolgen hat –nur bei wertmäßig umfangreichen Exportgeschäften empfehlenswert.

Letztlich ist es immer eine individuelle Frage, ob auf die Schiedsgerichtsbarkeit ausgewichen warden soll oder nicht. Als Daumenregel gilt: Je komplexer der Vertrag  und je “exotischer” der Sitz des Kunden, desto eher ist Schiedsgerichtbarkeit indiziert. Je vertrauter der Kunde und je standardmäßiger der Vertrag, desto  weniger zeigt sich die Notwendigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit.

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