Stand: 05.08.20224. Incoterms®

In Kaufverträgen finden sich oftmals allgemeine Formulierungen in Bezug auf die Lieferbedingung (z.B. Lieferung Frei Haus). Auch wenn auf den ersten Blick eine derartige Vereinbarung für alle Beteiligten klar zu sein scheint, gibt es im internationalen Warenverkehr immer wieder Interpretationsschwierigkeiten, insbesondere im Schadensfall. Diese Lieferbedingung klärt zwar grundsätzlich verständlich, dass die Kosten bis zum vereinbarten Haus der Verkäufer übernimmt, jedoch ist nicht klar, wer im Schadensfall (Verlust oder Beschädigung der Ware) die Kosten für die Ware zu tragen hat. Eine derartige Formulierung kann schon im Inlandsgeschäft zu Streitigkeiten führen, aber nochmals schwieriger wird es im internationalen Warenverkehr. Hier sind die Auffassungen und gesetzlichen Bestimmungen, wer das Risiko des Transportes zu tragen hat, in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich. 

Um dieses Problem der divergierenden Rechtssysteme und Handelsbräuche bei internationalen Warengeschäften zu lösen, hat die Internationale Handelskammer in Paris bereits im Jahr 1936 einheitliche Lieferkonditionen veröffentlicht. Mittlerweile finden die Incoterms® (International Commercial Terms) weltweite Anerkennung.

Diese standardisierten Klauseln regeln im Warenverkehr die Rechte und Pflichten zwischen Verkäufer und Käufer und klären eindeutig, welche Kosten von wem getragen werden müssen, aber auch wer das Risiko des Verlustes oder der Beschädigung einer Ware während des Transportes trägt. 

Damit die Incoterms rechtliche Wirkung haben, müssen Sie im Kaufvertrag gesondert vereinbart werden. Die Incoterms® werden regelmäßig überarbeitet und an die Handelserfordernisse angepasst (idR alle 10 Jahre) und sind ab 1. Januar 2020 unter der Version Incoterms® 2020 in Kraft. Obwohl auch weiterhin ältere Incotermsversionen vereinbart werden können (z.B. Incoterms 2000 oder Incoterms 2010) wird die Nutzung der aktuellen Klauseln empfohlen. 

Die Incoterms 2020 kennen wie bereits schon die Incomterms 2010 elf Lieferklauseln, wobei zu beachten ist, dass sieben Klauseln (EXW, FCA, CPT, CIP, DPU, DAP und DDP) für alle Verkehrsträger (auch Schiff) verwendet, aber vier weitere Klauseln (FAS, FOB, CFR und CIF) nur für den Hochsee- und Binnenschifftransport vereinbart werden können. In der Schifffahrt stehen somit alle elf Klauseln zur Verfügung.

WICHTIG: Zu jeder vereinbarten Lieferklausel muss zusätzlich ein Lieferort Bestimmungsort angegeben werden. Dieser Ort sollte so genau wie möglich erfasst sein (z.B. DAP Wilhelm Greil Strasse 7, 6020 Innsbruck, Austria, Incoterms 2020).
Bei Zweipunktklauseln (alle C Klauseln), wird der Lieferort (Gefahrübergang) idR nicht benannt. Beim genannten Ort handelt es sich üblicherweise um den Bstimmungsort des Haupttransports (Kostenübergang). Um alle möglichen Zweifel auszuräumen, sind die Vertragsparteien gut beraten, im Vertrag auch den Lieferort (Gefahrübergang) genau festzulegen.

Üblicherweise ist der Ort des Kostenübergangs identisch mit dem Ort, bei dem das Risiko vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Diese Regel gilt aber nicht bei den vier C-Klauseln (CPT, CIP, CFR und CIF). Bei den C-Klauseln handelt es sich um sogenannte Zweipunktklauseln. Dabei gehen Gefahr (Lieferort) und Kosten (Bstimmungsort) an zwei unterschiedlichen Orten vom Verkäufer auf den Käufer über. Hier ist zu beachten, dass zwar der Verkäufer den Beförderungsvertrag bis zum benannten Bestimmungsort besorgt und auch die Kosten hierfür übernimmt. Das Risiko für diesen vom Verkäufer besorgten Transport geht aber schon am Lieferort auf den Käufer über. 

Auch wenn diese Klauseln primär für den internationalen Warenverkehr geschaffen worden sind, können und sollten sie auch bei Lieferungen im Inland oder Binnenmarkt vereinbart werden. 

Zu beachten ist, dass die Incoterms® nur bestimmte Bereiche des Warengeschäftes regeln und nicht alle Aspekte behandeln. So regeln die Incoterms® neben den Kosten für den Transport auch den Ort und Zeitpunkt, bei dem die Gefahr der Beschädigung oder des Verlustes der Ware vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. Darüber hinaus klären die Incoterms®, wer den Beförderungsvertrag besorgen muss und ob der Verkäufer eine zusätzliche Transportversicherung abzuschließen hat. Zuletzt regeln die Klauseln auch die zu beschaffenden Dokumente und die Weitergabe von Informationen. 

Nicht durch die Incoterms® geklärt werden die Zahlungsabwicklung bzw. die Zahlungsbedingungen, die Vereinbarung des Gerichtsstandes, der Eigentumsübergang, Haftungsausschlüsse und auch Verstöße gegen Verpflichtungen, die sich aus der vereinbarten Incotermklausel ergeben. Diese Bereiche müssen separat im Kaufvertrag vereinbart werden.

Nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die 11 aktuellen Incoterms® Klauseln


LIEFERKLAUSEL


A


E


Transport*


Lieferort
V > K

Gefahren-
übergang
V > K

Kosten-
übergang 
V> K

Transport-
mittel

 

 

 

 

 

 

 

 

EXW
(ex works)

K

K

K

Werk des
Verkäufers

Lieferort

Lieferort

Alle

FCA
(free carrier)

V

K

K

Ort der Übergabe
an den ersten
Frachtführer

Lieferort

Lieferort

Alle

CPT
(cost paid to)

V

K

V

Ort der Übergabe
an den ersten
Frachtführer

Lieferort

Bestimmungsort

Alle

CIP
(cost, insurance paid)

V

K

V

Ort der Übergabe
an den ersten
Frachtführer

Lieferort

Bestimmungsort**

Alle

DPU
(delivered at place unloaded)

V

K

V

Bestimmungs-
ort (entladen)

Bestimmungsort

Bestimmungsort

Alle

DAP
(delivered at place)

V

K

V

Bestimmungs-
ort (unentladen)

Bestimmungsort

Bestimmungsort

 Alle

DDP
(delivered duty paid)

V

V

V

Bestimmungsort

Bestimmungsort

Bestimmungsort

Alle

 

 

 

 

 

 

 

 

FAS
(free alongside ship)

V

K

K

Verladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen

Lieferort

Lieferort

Schiff

FOB
(free on board)

V

K

K

Verladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen

Lieferort

Lieferort

Schiff

CFR 
(cost and freight)

V

K

V

Verladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen

Lieferort

Bestimmungs-
hafen

Schiff

CIF
(cost, insurance and freight)

V

K

V

Verladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen

Lieferort

Bestimmungs-
hafen**

Schiff

* Beförderungsvertrag; ** plus Transportversicherung durch den Verkäufer
A=Ausfuhrzollanmeldung; E=Einfuhrzollanmeldung; V=Verkäufer; K=Käufer

Wesentliche Änderungen durch die Incoterms® 2020

Käufer und Verkäufer können in der Klausel FCA zusätzlich vereinbaren, dass der Käufer seinen Frachtführer anweisen soll, dem Verkäufer nach Verladung der Waren ein Bordkonnossement auszustellen, woraufhin der Verkäufer idR verpflichtet sein wird, dieses Konnossement dem Käufer zu übergeben. Diese neue Möglichkeit dient vorwiegend dem Anspruch nach Bordkonnossementen bei Akkreditivgeschäften im Seeverkehr.   

In den Incoterms® 2010 wird bei den Klauseln CIF und CIP dem Verkäufer die Verpflichtung auferlegt, auf eigene Kosten eine Transportversicherung abzuschließen, die zumindest der Mindestdeckung gemäß den Klauseln (C) der Institute Cargo Clauses oder ähnlichen Klauseln entspricht.
In den Incoterms® 2020 bleibt die Anforderung der Mindestdeckung bei der Seeklausel CIF bestehen. Bei der Klausel CIP hingegen, wird der Verkäufer verpflichtet eine Transportversicherung mit den Klauseln (A) der Institute Cargo Clauses auf eigene Kosten abzuschließen.

Die Vertragsparteien können höhere und geringere Deckungssummen vertraglich vereinbaren (Incoterms® stellen kein zwingendes Recht dar, sondern sind Handelsklauseln, welche angepasst werden können).

In den Incoterms® 2020 ist ausdrücklich nicht nur der Abschluss eines Beförderungsvertrags mit einem unabhängigen Dritten (Frachtführer), sondern auch die Organisation des Transport mit eigenen Trasportsmitteln berücksichtigt.

Unveränderte Besonderheit dieser Klausel ist, dass der Verkäufer erst geliefert hat, wenn er die Ware dem Käufer am genannten Bestimmungsort und zum vereinbarten Zeitpunkt entladen bereitgestellt hat.

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